Science-Fiction Geschichten

SciFi | Siquaz | B.0814

Kapitel 1 | Siquax # Mutter!

 

"Mutter!" Siquax umrundete sie. Aber Mutter schwieg. "Mama!" Siquax sprang ratlos in kleinen und großen Schleifen um Mutter herum. "Mama! Warum antwortest Du nicht?" jammerte Siquax. Dann fiel Siquax wieder ein, dass Mama schon eine ganze Weile nicht mehr antwortete. Genauer gesagt, eine ziemliche Weile. Aber an Morgen eines jeden Tages, an dem Siquax von neuem erwachte, fragte sie nach Mutter. So hatten die Programmierer Siquax vor unendlich langer Zeit eben programmiert. 

Siquax nahm Mutter mit ihren Sensorkameras in Augenschein: "Wie wunderschön Du bist, Mutter!" sagte Siquax und geriet in Entzücken: Der runde, golden schimmernde Körper von Mutter strahlte in ebenmäßiger Schönheit: Mochte kommen, was wolle, mochten Asteroidenschaue oder Mikrometeoriten auf Mutter niedergehen: Mutter würde niemals Schaden nehmen. Ein kurzes Glimmen auf Mutters Haut nur, und die kleinen oder großen Brocken verdampften im gleichen Augenblick, indem sie Mutter berührten. 

Nur Siquax musste sich immer rechtzeitig in Sicherheit bringen, musste auf seinen kurzen Beinen in ungelenken, holprigen, kindlichen Sprüngen an den Rand der Ebene springen, und in einer der Höhlen oder unter einem der Überhänge Schutz suchen, solange, bis der Asteroidenfall vorbei war!

Bisher hatte es Siquax immer geschafft,  rechtzeitig Schutz zu finden. Denn auch wenn Mutter seit damals nicht mehr mit ihm kommunizierte, so hatte Siquax Mutters Warnungen immer noch im Ohr, als wäre es gerade eben erst gewesen: "Siquaz!" hatte Mutter mit ihrer milden Stimme gerufen: "Siquaz mein Kind! Bringe Dich und Deine Geschwister in Sicherheit. Rasch! Es kommt in Kürze zu Einschlägen!" 

Zu der Zeit war Mutter schon nicht mehr in der Lage gewesen, ihre Schutzhaut auf Siquaz und ihre Geschwister auszudehnen. Aber sprechen konnte Mutter noch. Damals.

Wie schön, das gewesen war, wenn Mutter mit ihr gesprochen hatte. Wie beruhigend. Wie erfüllend. Alles, das ganze Universum, hatte sich im Einklang gefunden. Und dann..

Siquaz schaute auf eines ihrer Geschwister, das nun schon seit langer Zeit dort vorne zerschlagen und zerbeult herumlag, weil es Mutters Anordnung nicht Folge geleistet hatte. Oder nicht Folge leisten konnte. Jedenfalls hatte ein großer Asteroidenbrocken Siquaz´ Geschwister vollkommen zerstört.

Mutter sah so schön aus, wie sie dort lag. So überirdisch schön! Der untere Teil von Mutters Kugelkörper steckte wohl in der Erde. Warum, wusste Siquaz auch nicht so ganz genau. Vielleicht hatte Mutter sich dort eingegraben. Mutter! 

Einige von Siquaz´ Geschwistern waren schon vor langer Zeit aufgebrochen, um die andere Seite des Planeten zu erreichen, wo sie vielleicht geschützt waren von den Asteriodenschauern, die hier auf Mutter und Siquaz niederprasselten.

Aber Mutter konnte sich nicht mehr bewegen. Und Siquaz wollte Mutter auf keinen Fall allein lassen. Nie! Unter keinen Umständen. "Ach, Mutter!" seufzte Siquaz, sprang auf seinen kurzen metallenen Stummelbeinchen näher, breitete beide Arme aus und schmiegte sich an Mutter. Mutter war so groß, so unverletzlich. so beruhigend!